Bereits seit einigen Jahren beschäftige ich mich nun mehr oder weniger mit dem Thema Triathlon – aber über ein paar kleine Sprint-Veranstaltungen und kontinuierliches (wenn auch planloses) Training hinaus bin ich noch nicht tiefer eingestiegen; bis ich mich dann Ende letzten Jahres für meine erste halbe Ironmandistanz registriert hatte. Beinahe im gleichen Atemzug suchte ich nach einem geeigneten Trainingslager – folgende Kriterien sollten erfüllt sein:
- Erreichbar mit dem Auto, sodass ich mein eigenes Rad problemlos transportieren kann
- Früh genug in der Saison, um für den frühen Wettkampf (Anfang Juni) genügend Grundlagen zu schaffen
- Daher in einer Region, wo man bereits im März vernünftig draußen Rennrad fahren kann
- Bezahlbar
Die Klassiker wie Mallorca oder die Kanaren schieden damit recht schnell aus, genauso wie etwas utopischere Varianten wie Thailand. Nach kurzer Recherche im Netz stieß ich bald auf Istriabike.com – und meldete mich nach ein paar eMails direkt an für ein zweiwöchiges Trainingslager in Istrien, Kroatien.
Aufbruch ins Ungewisse
Das Trainingslager war für die letzten zwei Märzwochen terminiert. Bezogen auf das Wetter, statistisch gesehen für die kroatische Mittelmeerküste eine sichere Sache. Ich plante die ca. 1000km Anreise an einem einzigen Tag und stand früh 3:00 Uhr vor meinem gepackten Auto – überrascht von einem plötzlichen Wintereinbruch. Während der letzten paar Stunden hatte es genug geschneit, um die Straßen geschlossen mit Schnee zu bedecken – und das blieb dann für geschlagene 600km so. Seitdem ich Auto fahre, hatte ich noch nie so lang so viel Schnee. Erst etwa 150km vor meinem Ziel an der Küste war von dem weißen Zeug nichts mehr zu sehen, wobei die Temperaturen auch kurz vor Ankunft nur im einstelligen Plus-Bereich blieben. Nun ja, ich hatte genug dicke Trainingskleidung dabei. Die Küste war nach 10 Stunden Autofahrt erreicht – es konnte losgehen!
Der erste Tag
Bereits am ersten Tag war für alle früh Angereisten eine entspannte Radausfahrt geplant. Wir trafen uns am frühen Nachmittag vorm Hotel und nach einer ganz kurzen Begrüßungsrunde und die Einteilung in drei Leistungsgruppen ging es auch schon los; bei etwa 12 Grad und bedecktem Himmel. Dennoch machte diese Tour bereits großen Spaß – ich bin im Training ein typischer Einzeltäter und Gruppenausfahrten kannte ich kaum; entsprechend angenehm war ich überrascht, wie schnell die Zeit und die ersten 40k, vergehen, wenn man mit Gleichgesinnten ausfährt.
Wetter schlecht, Laune gut
Die Wetterlage in Südosteuropa während der ersten Woche sorgte zwar nicht gerade für eine mediterrane Stimmung, aber unsere Einheiten waren davon kaum beeinträchtigt. Ein durchdachter Trainingsplan sollte alle ca. 25 Teilnehmer unterschiedlichster Fitness-Level gut beschäftigen. Täglich standen zwei bis drei, manchmal vier Einheiten auf dem Plan. Im hoteleigenen beheizten Salzwasserpool (25m) bewältigten wir meist morgens vor dem Frühstück sehr abwechslungsreiche Schwimmeinheiten – Technik, Geschwindigkeit, Atmung, Ausdauer; für alles war gesorgt. Zum ersten Mal überhaupt nahm ich an gezieltem und durchdachtem Schwimmtraining teil und die reichliche Stunde im Wasser verging rasend.
Der Großteil eines Trainingstages war schließlich dem Radeln gewidmet. Auch hier wurde es vielfältig, nicht nur aufgrund der reizvollen Landschaft, der ruhigen Nebenstraßen und der hügeligen Geographie. Die Ausfahrten von jeweils 3 bis 5 Stunden Dauer beinhalteten unterschiedliche Schwerpunkte – von langen Bergfahrten über Intervalltrainings bis hin zu leistungsüberprüfenden FTP-Tests. Auch reine Technikeinheiten waren dabei. Der ein oder andere kalte Regenschauer machte uns anfänglich etwas zu schaffen, aber allmählich besserte sich das Wetter.
Das Lauftraining wurde teilweise als Koppeleinheit direkt nach den Radausfahrten oder als einzelne Einheiten in der Gruppe gestaltet. Auch hier ging es um Technik, Intervalle und Ausdauer in längere Einheiten. Die Laufstrecken an der Mittelmeerküste oder durch das Mirna-Tal waren extrem reizvoll und standen den Radtouren in nichts nach.
Jeder Tag wurde neben den Triathlon-Kerneinheiten ergänzt durch sinnvolle und notwendige Athletik- und Dehnungsstunden. Blackroll, Yoga, Pilates, Thera-Band… von allem etwas. Regelmäßige Infoveranstaltungen am Abend zu Themen wie Trainingsplanung und Wettkampfvorbereitung sowie Vorträge rundeten das Angebot zu einem großartigen Gesamtpaket ab.
Nicht denken – essen!
Die alltäglichen Hauptmahlzeiten fanden morgens und abends statt – dazwischen gab es Energiefutter, Wasser und Iso-Drinks. Bei einem Energiebedarf von 4000-5000 Kalorien pro Tag ist es gar nicht so einfach, ohne Defizit ins Bett zu gehen. Entsprechend üppig fiel das willkommene Abendessen am extrem vielfältigen Hotelbuffet aus. Jeden Tag Pizza, Pommes, Fleisch, Pasta, Kuchen, Cola und hin und wieder auch mal ein bisschen Gemüse. Und das vollkommen ohne schlechtes Gewissen oder vom Tischnachbarn schräg angeschaut zu werden. Daran könnte man sich gewöhnen – sollte man aber nicht, die Umstellung im Alltag auf eine normale Nahrungsaufnahme bei wieder reduziertem Trainingsumfang war nicht einfach.
Die zwei Wochen gingen extrem schnell rum – und nach 55.000 verbrannten Kalorien auf insgesamt knapp 900 Trainingskilometern ging es wieder zurück in den Alltag. Wie sich später herausstellte, hat sich die zeitliche, finanzielle und körperliche Investition gelohnt – der geplante halbe Ironman Anfang Juni lief besser als erwartet!
Erkenntnisse
- Das schönste an einem Trainingslager: Mal keine Kopfarbeit – man bekommt gesagt, wann welche Trainingseinheit mit welcher Länge und Intensität durchgeführt wird. Zwischen den Einheiten ist ausruhen und essen angesagt. Was will man mehr!
- Apropos essen: Unglaublich, was ein Triathlet am abendlichen Buffet so alles vertilgt; die riesigen Kaloriendefizite des Trainingstages müssen schließlich wieder aufgefüllt werden (an unserer Gruppe hat das Hotel sicherlich keinen Gewinn gemacht). Daher: Wer ein Trainingslager plant, sollte am besten ein Hotel mit gutem, reichhaltigem (und im Preis inkludierten) Abendbuffet suchen – ich wäre nicht in der Lage gewesen, nach 5-7 Stunden Ausdauertraining noch zu kochen.
- Viele der Trainingskollegen hatten bereits seit einiger Zeit einen festen Trainer; das erscheint mir sinnvoll, kann dieser das Trainingslager doch spezifisch in den Gesamtplan einarbeiten. Werde ich mal drüber nachdenken.
- Ich hätte nicht gedacht, dass in einem Trainingscamp die sportlichen Bedürfnisse totaler Triathlon-Neulinge sowie mehrfacher Ironman-Finisher befriedigt werden könnten; das hat aber super funktioniert!
- Ernährung: Erst hier im Trainingslager habe ich die konkrete Erfahrung gemacht wie wichtig eine ausreichende Energieversorgung auf dem Rad ist, insbesondere wenn im Anschluss noch eine Laufeinheit folgt. Am eigenen Körper habe ich den direkten Unterschied gespürt – bei zwei identischen Trainingstagen mit unterschiedlichen Ernährungsstrategien… ganz sicher eine der größten Erkenntnisse dieser zwei Wochen.
Ansonsten: Ganz klare Empfehlung – sowohl für ein Trainingslager an sich, als auch für die Organisatoren von Istriabike.
Als nächstes: Wie ich meinen ersten Ironman 70.3 geschafft habe
Als nächstes: Über meine Entscheidung, Triathlet zu werden
Mehr Infos: Istriabike.com
Hey Ludi, da ist ja mein schwarzer Blitz zu sehen 🙂