Im Jahr 2007 hatte ich mich für ein Praktikum bei SAP beworben ohne damals wirklich zu wissen worum es in dieser Firma eigentlich geht und was mich erwarten würde. Im 700 Kilometer vom Hauptsitz der Firma entfernten Görlitz hatte ich als Psychologiestudent nur vom Hörensagen erfahren, dass dies ein passendes Praktikum für den Bereich Mensch-Maschine-Interaktion wäre. Ich betrat das Feld der Geschäftssoftware ohne substantielles Wissen über weder Geschäftsprozesse noch Softwareentwicklung, und begann meine Arbeit als Praktikant im User Interface Design bei einer Firma, die alles andere als berühmt für ihre intuitiven Benutzungsoberflächen war.
Heute, elf Jahre später, habe ich mein SAP-Büro zum letzten Mal betreten. Ich hatte mich entschieden ein neues Abenteuer zu beginnen, in einer anderen Industrie und auf einem anderen Kontinent. Aber dennoch – zurückblickend auf über ein berufliches Jahrzehnt Zusammenarbeit mit unterschiedlichen UX-Research-Teams, über zahlreiche Produkte hinweg, möchte ich ein Resümee darüber ziehen, dass die vergangen Jahre als User Experience Researcher jeden einzelnen Tag wert gewesen sind.
Bevor ich mich also auf den Weg mache,möchte ich gern ein paar Gedanken darüber teilen, was das Jahrzehnt bei SAP so einzigartig gemacht hat. Die SAP hat es bezogen auf ihren Ruf hinsichtlich UX und Arbeitnehmerzufriedenheit weit gebracht – hier nun meine persönlichen Gründe warum man einen Job bei Deutschlands größter Softwareschmiede durchaus in Erwägung ziehen sollte. Und an alle meine Kollegen: Ihr habt einen großartigen Arbeitsplatz gefunden.
#1: UX ist Realität
Als ich als Praktikant in der Abteilung Business ByDesign FIN UX (damals noch A1S) meine Arbeit aufnahm, investierte die SAP bereits große Ressourcen in das Thema Usability und User Experience. Ich wurde zu einer Zeit eingestellt, in der das UX-Team beinahe exponentiell wuchs. SAPs Ruf in Bezug auf UX jedoch schien nicht unmittelbar mitzuwachsen. Das hat sich bis heute stark geändert – dedizierte Abteilungen bieten Design-Dienstleistungen für Kunden an; viele Kunden fragen spezifisch nach Unterstützung im Bereich Design Thinking; tausende Kollegen haben bereits in UX-bezogenen Schulungen teilgenommen; unsere Design-Konzepte gewinnen zunehmend Preise; unsere Kernprodukte werden auf der Basis eines design- und nutzerzentrierten Prozesses entwickelt; SAP Fiori wurde zusammen mit einer langfristigen UX-Strategieentwickelt. All das ist ein großer Fortschritt für einen IT-„Dinosaurier“ wie die SAP, und die Reise hat erst begonnen.
#2: Lernen ist möglich
Nachdem ich meine Hochschulausbildung abgeschlossen und meinen ersten Vollzeitjob begonnen hatte, fühlte ich mich gut aufs Arbeitsleben vorbereitet. Während meines Studiums konnte ich mir viele Fertigkeiten und Wissen aneignen. Aber dennoch – Lernen hört nicht auf, nur weil die Arbeit beginnt. Hauptsächlich sicherlich in Form informellen Lernens und Erfahrungen sammeln. Ab und zu jedoch können spezifische Schulungen oder externe Trainingsangebote durchaus einen positiven Effekt auf die alltägliche Arbeitsleistung mit sich bringen: durch neue Perspektiven, den formellen Austausch neuer Erfahrungen mit denen der anderen Lerner, Networking, und durch das Ausprobieren neuer Fertigkeiten in einer kontrollierten Umgebung. Über die Jahre bei SAP habe ich dutzende interne Trainings besucht, persönlich und online, habe an externen Workshops und Zertifizierungsprogrammen teilgenommen und Vorträgen gelauscht. Obwohl das Budget für externe Angebote natürlich nicht endlos ist, zumindest im internen Bereich stehen unzählige Kurse, Schulungen, Online-Angebote zur Verfügung – von Methodenschulungen bis hin zu interkulturellen Social-Skill-Trainings. Im Jahr 2013 wurde openSAP eingeführt; eine Plattform für jeden, der von den zahlreichen Online-Lernangeboten profitieren möchte, innerhalb und außerhalb von SAP.
#3: Lehren macht Spaß
Nach ein paar Jahren hatte ich mich entschieden, meine bis dato gemachten Erfahrungen mit anderen zu teilen und mich zusätzlich zur alltäglichen User-Research-Arbeit als UX-Trainer zu versuchen. Diese Rolle hat meinen Arbeitsalltag substanziell beeinflusst. Tatsächlich war es der dankbarste Teil meiner Tätigkeiten bei SAP, Kollegen unsere UX-Methoden beizubringen und in die UX-Thematik einzuführen. Dabei konnte ich nahezu 3000 Mitarbeitern aus aller Welt (hauptsächlich Entwickler und Neueingestellte Designer) dabei helfen, Methoden des User-Centered Design zu verstehen und anzuwenden. Es war oft das Feedback dieser Kollegen, was mich angetrieben hat; in einem so großen Unternehmen ist es nicht immer einfach, seinen eigenen persönlichen Einfluss auf die Produkte zu erkennen – aber es ist einfach, seinen Einfluss auf die Kollegen um einen herum zu spüren und darauf, wie User Experience in der Firma wahrgenommen wird.
#4: Reisen macht auch Spaß
Die Arbeit als User Researcher und User Experience Trainer hat es mir ermöglicht, einen großen Teil meiner Zeit mit Reisen rund um die Welt zu verbringen – um Endnutzer zu treffen, mich mit Kunden zu unterhalten und UX-Schulungen mit Kollegen zu halten. Ich kann mich glücklich schätzen, hunderte Orte in sechzehn Ländern auf den meisten Kontinenten besucht und dabei dutzende SAP-Lokationen sowie Kollegen und Nutzer aus allen Teilen der Welt kennen gelernt zu haben. Durch diesen Teil meiner Arbeit konnte ich mein interkulturelles Verständnis erweitern und internationale Ansichten austauschen mi Menschen von San Francisco bis Shanghai, von Tel Aviv bis Toronto, von Bangalore bis Berlin, von Paris bis Porto Alegre. Reisen war immer ein Bestandteil meiner Arbeit und ich habe es immer genossen; während SAP es unterstützt, aber niemals erzwungen hat.
#5: Networking is key!
Das ist sicherlich die häufigste Phrase, die man bei Unterhaltungen über Schlüsselfaktoren für Erfolg hört, nicht nur bei SAP. Aber es stimmt halt auch einfach. Wenn man für ein Unternehmen mit nahezu 90.000 Angestellten arbeitet, lernt man täglich neue Kollegen kennen. Dabei die Kontakte und das eigene Netzwerk zu pflegen ist eine Kunst für sich; aber je größer dein Netzwerk wird, desto einfach wird dein Job – egal, welcher das ist. Und Networking hört nicht am Ausgang auf – während der vergangenen Jahre habe ich als Besucher oder Sprecher an der ein oder anderen Fachkonferenz teilgenommen, was zu einem wachsenden Netzwerk beitrug; ebenso wie der regelmäßige Kontakt zu IT- und UX-Abteilungen von SAP-Kunden. Oft konnte ich in Nachfolgeprojekten von existierenden Kontakten profitieren.
Wenn man über ein Jahrzehnt für ein und dasselbe Unternehmen arbeitet, Teile deines Netzwerks werden stärker, es entwickeln sich stärkere Verbindungen zu deinen Kollegen, es entstehen Freundschaften. Der soziale Faktor der Arbeit in einem größeren UX-Team für eine so lange Zeit (und viele meiner derzeitigen Kollegen haben mit oder vor mir angefangen) ist ein weiteres wichtiges Argument für die Arbeit bei SAP; es gibt gefühlt eine sehr geringe Fluktuation.
#6: Eine starke Strategie
Seit bereits über 8 Jahren wird die SAP vom selben CEO geführt, und kann auf immer höhere Unternehmenswerte, starke Aktien, und, was noch viel wichtiger ist, steigende Mitarbeiterzufriedenheit und sinkende CO2-Emmissionenen zurückblicken. Eine starke Führungspersönlichkeit, die eine vernünftige Strategie in Richtung operative Ebene kommunizieren kann ist ein sehr wichtiger Faktor dafür, die Mitarbeiter motiviert und Fluktuation gering zu halten. Mr. McDermott hat hier bisher ausgezeichnete Arbeit geleistet; die meisten meiner Kollegen würden das sicherlich bestätigen.
#7: Ausgeglichene Work-Life-Balance
Heutzutage wird es immer wichtiger, eine gute Work-Life-Balance zu finden. Überstunden sind in der IT häufig an der Tagesordnung; ein guter Arbeitgeber solle Möglichkeiten anbieten, die zusätzliche Arbeitszeit ausgleichen zu können. Extrem flexible Arbeitszeiten, Heimarbeit, großartige Urlaubsregelungen und zahlreiche Angebote rund um Sport, Fitness und Wohlbefinden gehören bei SAP dazu. Das Unternehmen organisiert große Events für seine Angestellten, stellt Tennisplätze, Beachvolleyball- und Basketballfelder zur Verfügung und unterstütz bei lokalen Sportveranstaltungen. Wann immer möglich versuche ich auf meinen Dienstreisen bei Laufevents teilzunehmen oder meine Kollegen von gemeinsamen Wettkämpfen zu überzeugen. Je mehr es einem gelingt die Balance zu finden, desto höher die Bereitschaft, auch bei größerer Arbeitsbelastung alles zu geben.
#8: Finde deine Nische
Besonders bei seinem ersten Arbeitgeber direkt nach der Uni hat man noch recht wenig Erfahrung und Vorstellungen darüber, welche Möglichkeiten sich ergeben werden. Ich war zunächst einfach froh einen gutbezahlten Job in einer spannenden Umgebung und großartigen Kollegen gefunden zu haben. Erst nach ein paar Jahren habe ich begonnen darüber nachzudenken, was genau bei meiner Arbeit ich eigentlich am liebsten tue – woraufhin ich nach Wegen und Möglichkeiten suchte, meine Stärken bestmöglich einzusetzen. Wer lang genug bleibt, wird irgendwann seine eigene Nische finden. Viele meiner Kollegen haben über die Jahre ihren eigenen Job gestaltet oder gar erschaffen; und je länger ich blieb, desto mehr gelang mir das selbst. Es hat mit der Entscheidung begonnen, dem UX-Trainerteam beizutreten; bis hin zur Erschaffung eines komplett eigenen Entwicklungsprojekts, für welches ich einen Großteil meiner Zeit aufwenden konnte. SAP leistete hier große Unterstützung und die notwendige Infrastruktur, nicht zuletzt durch Programme wie SAP.iO. Ich habe von noch nicht vielen Unternehmen gehört, bei denen man als Mitarbeiter so viel Verantwortung (und Möglichkeiten) bekommt, seinen eigenen Weg des Erfolgs zu gestalten.
#9: Die große Vielfalt
Meine komplette Zeit bei der SAP habe ich als User Researcher in der ein oder anderen UX-Abteilung verbracht. Das ist nicht notwendiger typisch für eine Walldorfer Langzeitanstellung. Die Arbeit bei einem so großen Unternehmen hat den herausragenden Vorteil, dass es zahllose Möglichkeiten der Umorientierung gibt, so viele verschiedene mögliche Jobs innerhalb desselben Konzerns. Wer einmal seinen Fuß in der Tür hat kann sich ziemlich sicher sein, früher oder später die Stelle zu finden, die einem am besten liegt.
#10: Konkurrenzfähige Zusatzleistungen
Die SAP erhält Jahr für Jahr Arbeitgeberpreise, und die Glassdoor-Bewertungen sprechen für sich selbst. All die bisher genannten Punkte tragen dazu bei. Zu guter Letzt möchte ich aber nicht die teilweise speziellen, in jedem Fall aber überdurchschnittlichen Zusatzleistungen unerwähnt lassen. Gratis Mittagessen, gute Aktienpläne, Sportangebote und der regelmäßige Austausch technischen Equipments sind ja mittlerweile recht verbreitet im IT-Sektor. Aber wo sonst bekommt man eine so generöse Urlaubsregelung? Wo sonst werden die Mitarbeiter selbst ohne spezifische geschäftliche Gründe mit Firmenwagen (oder alternativ Bahncards 100) ausgestattet?
#10+1: Warum ich dennoch gehe
Nach zehn guten Gründen zu bleiben, muss es mindestens einen geben, zu gehen. Dieser eine Grund ist jedoch nicht auf Arbeitgeberseite zu finden, sondern vielmehr in mir selbst. Die Zeit ist einfach reif für ein komplett neues Abenteuer; mich selbst mal wieder herauszufordern; aktiv aus meiner gemütlichen Komfortzone herauszutreten. Auszuwandern, und eine neue Kultur kennen zu lernen. Meine Erfahrung und mein Wissen in einer anderen Umgebung anzuwenden. Zu entdecken, Neues zu lernen, und unbekanntes Gebiet zu erobern. Das wird der größte Schritt in meinem bisherigen Arbeitsleben, und ich bin sehr gespannt, wohin er mich führen wird – und worüber ich heute in zehn Jahren schreiben werde.
Stay tuned 🙂
Great article about your career and learning… thanks for sharing.
🙂 from Bangalore, India
Hi and thanks a lot for the article. It is sad to see you leave but it makes me happy that you seek out for a new journey. Wish you all the best and I have no doubt that a great future is waiting.
Best
Thomas (Bee Dee)
It was great working with you at German UPA!
May all your plans and wishes come true,
All the best
Astrid
Hello Ludwig,
Your article is really very good and encouraging. Wish you all the very best.
Regards,
Rahul
Hi Ludwig,
Thanks for giving me insights into the SAP world and inspiring me once again!
It is always very interesting to see what cool things you are doing and what new challenges you are taking on!
I hope I will also have such an interesting and successful career ahead!
Cheers, good luck and hope to see you again one day!
Jens