Nachdem eine Arbeitserlaubnis für Kanada zugesagt wurde, musste ich wohl oder übel meinen Arbeitgeber über meine Entscheidung informieren. Mein Arbeitsvertrag sah eine sechsmonatige Kündigungsfrist vor – was natürlich großartig war, da ich so noch genug Zeit und Gelegenheit hatte, laufende Projekte abzuschließen und mich von jahrelangen Kollegen zu verabschieden.
In meiner bisherigen beruflichen Laufbahn habe ich noch nie ein Kündigungsschreiben verfasst, und es fiel mir nicht leicht. Nach über einem Jahrzehnt einen Job aufzugeben, der Spaß macht, Entfaltungsmöglichkeiten bietet, gut bezahlt wird, Sicherheit bietet und durch unzählige großartige Kollegen gekennzeichnet ist, geht nicht so leicht von der Hand. Klar, die Entscheidung war schon einige Wochen vorher getroffen, aber mit der Kündigung bekommt die ganze Geschichte einen formellen und gewissermaßen finalen Touch.
Noch schwieriger als die Wahl meiner schriftlichen Worte, war das eigentliche Kündigungsgespräch mit meinen beiden Managern. Irgendwie fühlte es sich eigenartig an, sie überraschend vor vollendete Tatsachen zu stellen, aber gleichzeitig auch gut, keine negativen Kündigungsgründe zu haben. Entsprechend positiv wurde mein Entschluss auch aufgenommen – verständnisvoll und unterstützend.
Nachdem noch ein paar weitere Tage vergangen und auch die Personalabteilung informiert worden war, waren nun die direkten Kollegen dran. Keinen von ihnen hatte ich bisher in meine Pläne eingeweiht, und der Reihe nach übermittelte ich die Nachricht einem nach dem anderen. Auch hier wieder wurde mir neben anfänglich großem Erstaunen hauptsächlich Verständnis entgegengebracht und das Gefühl vermittelt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Brave Kollegen!
Da ich noch über 50 Tage Resturlaub hatte und noch zwei Dienstreisen zu jeweils 10 Tagen geplant hatte, war meine tatsächliche Zeit im Büro während meiner letzten Monate nicht mehr so viel. Ich schickte im Juli eine lange vorbereitete und detaillierte Abschiedsmail an all diejenigen, mit denen ich in der vergangenen Dekade in der ein oder anderen Weise zusammengearbeitet hatte, und hatte Schwierigkeiten, Mittags- und Kaffeetermine an meinen verbleibenden Tagen unterzubringen.
Letzter informeller Akt war schließlich mein Ausstand, zu dem ich die meisten dann tatsächlich zum letzten Mal sah. Ein ganz eigenartiges Gefühl. So viele Jahre im gleichen Betrieb, viele Kollegen kenne ich seit über einem Jahrzehnt, und mit einigen habe ich auch über die gesamte Zeit zusammengearbeitet. Und auf einmal verlässt man den vertrauten Kreis, die Nestwärme, die bekannten Strukturen und hassgeliebten Prozesse; weiß jetzt schon, dass man die lockeren Bürogespräche vermissen wird, die frühmorgendlichen Waldläufe vor der Arbeit, die gemeinsamen Projekte und Geschäftsreisen, Trainings, die Teamevents.
Nunja, aber das haben Abschiede schließlich gemeinsam – je näher sie kommen, desto stärker hält man an Gewohntem fest. Kontakte zu guten Kollegen und Freunden werden nicht abbrechen, und in Kanada gibt es bestimmt auch nette Menschen.
Letzter formeller Akt am letzten Tag in Walldorf: Rückgabe meines geliebten Firmenwagens, Telefons, MacBooks, und unzähliges Zubehör. Und auf einmal stand ich da – kein Computer mehr, kein Auto, kein Handy. Den Job hatte ich noch, das Arbeitsverhältnis wurde gekündigt zum 31.09., meine Einreise nach Kanada fand jedoch schon 10 Tage früher statt.
Lieber Ludwig,
klasse geschrieben sehr spannend … Ich wünsche Dir alles Gute!
Aber bist Du sicher, Deine Kündigung ist rechtswirksam?
-> Den 31.09. gibts nicht in Deutschland 😉
Gruß
Astrid